Kirchen- und Ortsgeschichte
Veränderungen der Landschaft und der Lebensbedingungen
durch den Anstieg des Meeresspiegels.
Die ersten Spuren menschlicher Ansiedlungen im damals noch hochwasserfreien Land an der
heutigen Unterweser sind ca. 3.000 Jahre alt und stammen aus der Bronzezeit. Infolge
ständiger Ablagerungen aus
dem Süßwasser des Stromes war fruchtbarer Marschboden
entstanden und verhalf seinen Bewohnern über viele Generationen zu großem Wohlstand.
Ab etwa 300 n. Chr. zwang der Anstieg des Meeresspiegels dazu, die Wohnstätten auf künstlich
aufgeschütteten Hügeln - den Wurten - zu errichten, die mit steigenden Wasserständen stetig
erhöht werden mussten. Um das Jahr 1000 begann man, die Küstenlinie mit einem
durchgehenden Deich vor den Fluten zu schützen.
Im Mittelalter richteten schwere Sturmfluten verheerende Schäden an und veränderten das
Landschaftsbild nachhaltig. Durch die Marcellusflut, "de grote Mansdränke", entstand 1362 der
große Meereseinbruch im Bereich der Jademündung (heute Jadebusen). Butjadingen und
Stadland wurden zu Inseln. Im ständigen Kampf mit dem Meer konnten verlorene Landflächen
durch Eindeichungen schrittweise zurück gewonnen werden. Bis heute bedarf die Deichlinie
regelmäßiger Pflege und Weiterentwicklung.
Historische Entwicklung der Kirche und des Ortes.
Aus der Frühzeit der Kirchengemeinde Rodenkirchen fehlen überlieferte Daten. Die
Missionierung des Unterweserraumes erfolgte am Ende des 8. Jahrhunderts von Bremen aus.
Die ersten Kirchen waren aus Holz. Seit dem 11. Jahrhundert entstanden massive Gebäude
aus Portasandstein.
Auf der ca. 5 m hohen Kirchenwurt in Rodenkirchen stammen die ältesten Teile der heutigen
Kirche wahrscheinlich aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts. Ein Vorgängerbau aus Holz
konnte noch nicht nachgewiesen werden.
Die massiven Steinkirchen auf hohen, von Wällen und Gräben eingefassten Kirchenwurten
waren Zentren eigenständiger Bauerngemeinden. Die monumentalen Kirchenräume dienten
neben dem Gottesdienstgebrauch auch als Zufluchtsort für Mensch und Vieh bei Sturmfluten
sowie als gut gesicherte Festungen bei kriegerischen Auseinandersetzungen mit feindlich
gesonnenen Nachbarn. Unter den Kirchspielen des Stadlandes, war Rodenkirchen die
Mutterkirche und der Ort des Kirchengerichts
des Bremer Erzbischofs (Sendkirche).
Die Selbständigkeit der Landgemeinden Butjadingens und Stadlands endete 1514 mit der
Schlacht an der
Hartwarder Landwehr. Ein Denkmal aus dem 19. Jahrhundert erinnert in
Rodenkirchen noch heute an die
Kämpfe. Nach dem Untergang der freien Bauernrepubliken
fielen Butjadingen und Stadland an Oldenburg.
Unter der neuen Landesherrschaft wurde Mitte des 16. Jahrhunderts die Reformation
eingeführt. In der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts erlebte das Land eine bemerkenswerte
wirtschaftliche Blüte. Gut gebildete Pfarrer und vermögende, selbstbewusste Repräsentanten
der Kirchengemeinden sorgten dafür, dass die Kirchen in dieser Zeit außerordentlich prächtige
Ausstattungen für den Gottesdienst nach lutherischer Ordnung erhielten.
Für Rodenkirchen schuf der bedeutende Bildhauer Ludwig Münstermann aus Hamburg mit
seiner Werkstatt ein Ensemble einzigartiger Kunstwerke.
Die letzte große Blütezeit des Viehhandels in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hinterließ mit
der großzügigen Anlage des Marktplatzes und einer Vielzahl repräsentativer Gebäude im Stil
des Historismus deutliche Spuren im Ortsbild von Rodenkirchen.
In den zurückliegenden drei Jahrzehnten erfolgte die letzte umfassende Gesamtrestaurierung
der Kirche und ihrer Ausstattung. Die Ev.-luth. Kirchengemeinde Rodenkirchen wurde bei
dieser Aufgabe durch den 1997 gegründeten Kirchbauverein unterstützt. Gemeinsam sind
Kirchengemeinde und Kirchbauverein heute gefordert, eines der wertvollsten Kulturdenkmale
der Wesermarsch zu erhalten und an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben.